Hier widme ich mich der Nuance der Frage „Warum Esperanto?“ im Sinne
von „Ist Esperanto nötig?“. Ich bearbeite diese Frage hier,
weil sie mir in meiner Geschichte mit dieser Sprache öfters untergekommen ist,
als sie mir lieb ist, oft im Zusammenhang mit abwertenden Bemerkungen.
Ist Esperanto nötig? Dieser Fragende will eine Einordnung in irgendeine
Hierarchie von Dingen sehen, nach denen er sein Leben oder das Leben anderer
moralisch ausrichten kann. Es geht ihm darum wie man richtiger handelt.
Was richtig und was falsch hängt davon ab welchen Wertekompass man durch seine Erziehung
aufgeschnappt hat. Also unterschiedliche Menschen, haben unterschiedliche Ansichten
darüber was richtig und falsch ist, dass sollte ein Fakt sein, den viele Menschen,
wenn nicht sogar alle zustimmen werden.
In dieser Hierarchie ist alles unnötige unten als Basis aufgeführt, das kann weg
und fehlt der Welt nicht wenn man es verbrennen würde. Ganz oben auf dieser Hierarchie ist
das was gut und richtig ist und für das es zu kämpfen sich lohnt.
Jetzt stellen wir uns mal die Frage: Ist Kultur nach dieser Hierarchie nötig?
Werden wir kämpfen, dass ein Theaterstück aufgeführt werden kann oder werden wir
sagen, dass es eigentlich auf den Müll gehört? Jedem Menschen werden andere
Menschen bekannt sein, dass die das bejahen oder verneinen werden.
Allein deswegen wird man sehen, dass die Frage allein kombinatorisch durch ein
„Ja, ist nötig“ oder „Nein, ist unnötig“ beantwortet werden kann.
Daher nach welchen Wertvorstellungen ist Esperanto nötig und bei welchen soll diese
Sprache das Zeitliche segnen? Diese Liste kann nicht vollständig sein, weil der Mensch
äußerst erfindungsreich ist. Aber ich mache den Versuch ein paar aufzulisten mit
abwechselnden Ergebnissen (ja/nein).
Gleichmachender Internationalismus(ja)
Der den Staat verneint, zersetzt und jedem Menschen
eine gemeinsame alleinige Sprache aufzwingt. Dieser Internationalismus wird gerne auch
von Menschen angenommen, die Esperanto nicht sprechen, er ist also ein beliebtes
Vorurteil über Esperanto, was wenig mit der Realität zu tun hat. Dieser kann jede beliebige Sprache
vertreten, die aufgezwungen werden soll, wenn es durch andere Überlegungen gerechtfertigt wurde.
Dieser Nationalismus erhöht die eigene Nation über alles. Und sieht
die anderen Staaten um sich herum als Feinde an, die es zu bekämpfen, zu unterdrücken oder im friedlichsten
Fall zu ignorieren gilt. Hier wird jegliche geteilte Sprache mit argwohn gesehen, verneint, vielleicht
als punktuelles nötiges Übel gesehen. Eine Spielvariante dieses Nationalismus hat mit dem deutschen
Nationalsozialismus sehen können, wo Esperanto-Sprecher aktiv unterdrückt und verfolgt wurden.
Siehe Die gefährliche Sprache von Ulrich Lins.
Religiöser Idealismus(ja)
Dieser erhebt eine Sprache aus Gründen die in der eigenen Religion zu
einem erstrebenswerten Ideal und dadurch ist diese Sprache dann nötig. Das können moralische Werte
sein, die auf religiösen Geboten oder Verboten aufbauen und daher Esperanto selbst als Ideal erheben.
Oder weil Esperanto enem geteilten Ideal entspricht erhebt. Ein Beispiel dafür ist die
Ōmoto Sekte wo der Begründer von Esperanto auch
ein Heiliger ist.
Opportunistischer Egoismus(nein)
Dieser verneint alles was keinen direkten wiederkehrenden Nutzen für
den Vertreter direkt und unmittelbar hat. Dieser gesteht keiner Sache ein Existenzrecht zu, was keine
Vermehrung an Güter, Geld, positiver Emotionen erreicht.
Kultur, solange sie nicht dem Geschmack des Egoisten entspricht kann verbrannt werden, es sei denn
kann mit ihr handeln und sein Vermögen erweitern. Sprachen generell hab in dieser Sichtweise
der Welt sind es nur wert zu lernen, wenn sie das Vermögen steigern.
Diese Sichtweise wird sich drehen, je nach den derzeitigen Umständen. Ist Englisch gerade global beliebt,
wird er Englisch favorisieren, sollte das Chinesische gerade vorteilhaft sein, so wird das verwendet werden.
Diese Sichtweise ist in verschiedenen Spielarten bei vielen Menschen verbreitet.
Kooperativer Nationalismus(ja)
Dieser kooperiert mit anderen Staaten und schätzt die Zusammenarbeit mit ihnen. Aber will nicht sich
geschmälert sehen durch die Verwendung andererer Nationalsprachen. Hier kann und wurde Esperanto als
nötig in der Vergangenheit auch als eine mögliche Sprache gesehen.
Wobei dieser auch opportunistisch,
wenn es möglich ist, seine eigene Nationalsprache favorisieren wird, wenn diese global weit verbreitet
ist. Dieser wird dann Esperanto als nötig erachten, wenn er seine eigene Nationalsprache aus
anderen Gründen nicht als Grundlage der Kooperation festlegen kann.
Perfektionistischer Idealismus(nein)
Dieser stimmt mit der Idee einer geteilten Hilfssprache im
Grunde überein, aber nur wenn sie gerecht ist. Er sieht
eine internationale Hilfssprache nur als nötig an, wenn
sie perfekt ist. Vertreter dieser Anschauung starten in
der Regel selbst eigene Plansprachen Projekte, die
viel besser sind als Esperanto, lernen eine andere
existierende bessere Plansprache oder wenden sich dem Bereich
komplett ab und lernen eine gerade weit verbreitete natürliche
Sprache.
Normierender Internationalismus(ja)
Dieser kooperierende Internationalismus glaubt daran, dass unterschiedliche Staaten,
Kulturen und Sprachen ihre Berechtigung haben. Aber sieht den Bedarf für Normen,
damit Staaten in bestimmten Bereichen leichter kooperieren können. Diese Form der
internationalen Kooperation sieht man heute bei Qualitätsstandards, Sicherheitsstandards
und vielen anderen Standards die zwischen vielen Ländern stattfinden, damit man eine Basis
hat um zu kooperieren. Eine Plansprache kann zu einem derartigen Standard gehören,
wenn aus anderen Gründen abgleitet wurde, warum man genau diese spezifische wählt.
Diese Position war eine klassische Position von Leuten die für Esperanto eingestanden sind,
also jedes Land verwendet weiterhin intern ihre eigenen Sprachen, aber wenn
es um die Kooperation mit anderen Ländern geht verständigt man sich in Esperanto.
„Laissez-faire“ Internationalismus(nein)
Ein weiteres Beispiel für eine mögliche Form eines kooperierenden Internationalismus
will ich hier nennen und zwar den „Laissez-faire“ Internationalismus. Bei diesem
empfindet man jegliche Setzung von Standards als eine Verletzung der Selbstbestimmung der
anderen Teilnehmer und von einem selbst.
Daher werden auch keine gemacht. Jeder soll so machen wie er
will, wie er kann. Diese Form führt dann in der Realität bei
Situationen wo mehrere Länder kooperieren müssen zu deutlichen
Mehrkosten, weil alle Eigenheiten von jedem Staat, von jeder
Kultur zu unterstützen kostspielig ist.
Wie bereits erwähnt kann diese
Aufzählung nicht vollständig sein.
Auch verwende ich hier auch keine allgemein akzeptierten
Begriffe, sondern nur meine eigenen, welche mit denen ich diese
Sichtweisen versuche bildlich zu umreißen. Und man sieht, dass
die Konklusion kein klares ja oder ein klares nein sein kann,
sondern nur ein klares „es kommt drauf an“.